Spiegeltherapie: Eine wichtige Therapieform in der Neurorehabilitation

In Episode #2 unseres Synapsengulasch Podcast „Faszination Therapiewissenschaft“ sprechen Martin und ich mit Holm Thieme ab Minute 7:20 über die Spiegeltherapie. Aus gutem Grund, denn Holm ist Spezialist auf diesem Gebiet und hat viel dazu geforscht und publiziert. Doch was genau ist Spiegeltherapie eigentlich und wofür kann sie eingesetzt werden? Der Beitrag fasst ein paar grundlegende Informationen kompakt zusammen.

Was ist Spiegeltherapie?

Spiegeltherapie wurde in den 90er Jahren zunächst bei Phantomschmerzen nach Amputation eingesetzt. Das Funktionsprinzip ist simpel wie genial zugleich: Das Spiegelbild der nicht betroffenen Extremität erzeugt für den Patienten die Illusion zwei vorhandener, funktionsfähiger Extremitäten.

Verbesserung der Handfunktion nach multiplen Infarkten mit Spiegeltherapie.

Macht der Illusion

Die mittlerweile sehr populär gewordenen „Rubber Hand Experimente“ (Gummihand Experimente) zeigen eindrücklich das Ausmass, in dem wir das Gehirn durch derartige Illusionen „austricksen“ können. Sogar Sinneseindrücke, wie Berührungs- und Bewegungsempfindungen lassen sich durch geschickte Versuchsaufbauten erzeugen. Eindrücklich zu sehen, zum Beispiel in diesem National Geographic Video „Is That My Real Hand?“.

Paul durchläuft das „Gummihand-Experiment“ in Stockholm, Schweden, um die Beziehung „Gehirn, Körper“ besser zu verstehen und die Wahrnehmung des menschlichen Körpers zu erweitern.

Wirksamkeit der Spiegeltherapie

Aufgrund der starken Wirkungskraft des Therapieverfahren auf das Gehirn wird die Spiegeltherapie heute sehr erfolgreich für unterschiedliche Krankheitsbilder eingesetzt. Das Verfahren kann zum Beispiel Schmerzen lindern, sowie das wiedererlangen eingeschränkter Bewegungsfähigkeit – zum Beispiel nach einem Schlaganfall – fördern. Aus diesem Grund zählt die Spiegeltherapie in der Neurorehabilitation längst zu einem anerkannten evidenzbasierten Therapieverfahren.

Man versucht direkt auf das Gehirn zuzugreifen, wenn man so will, um dort gewisse Reaktionen hervorzurufen.

Prof. Dr. Holm Thieme

Das von Holm Thieme und seinen Kollegen ausgearbeitete Cochrane Review zur Spieltherapie bei Schlaganfall belegt dessen Wirksamkeit zur Verbesserung motorischer Funktionen der oberen Extremität und damit verbundener Aktivitäten des täglichen Lebens. Mindestens als Ergänzung zur konventionellen Rehabilitation für Menschen nach Schlaganfall wird das Therapieverfahren daher von den Autoren empfohlen.

Eine recht umfangreiche Zusammenfassung und weiterführende Informationen zur Spiegeltherapie findet sich im Internet unter: https://spiegeltherapie.com.

Quellen:
Thieme H, Morkisch N, Mehrholz J, Pohl M, Behrens J, Borgetto B, Dohle C. Mirror therapy for improving motor function after stroke. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Jul 11;7(7):CD008449. doi: 10.1002/14651858.CD008449.pub3. PMID: 29993119; PMCID: PMC6513639.

Wir, das sind Jakob Tiebel, Ergotherapeut mit Studium in angewandter Psychologie und Martin Huber, MSc in Neurorehabilitation und Dozent an der ZHAW in Winterthur.

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