Jymmin – Im Gespräch mit Kognitions-Wissenschaftler Prof. Dr. Tom Fritz

Wir, das sind Jakob Tiebel, Ergotherapeut mit Studium in angewandter Psychologie und Martin Huber, MSc in Neurorehabilitation und Dozent an der ZHAW in Winterthur.

Wenn aus Bewegung Musik wird

Tom Fritz ist Professor für Kognitions-Wissenschaften am Leipziger Max Planck Institut. Er leitet dort eine Arbeitsgruppe für musikevozierte Hirnplastizität und ist zudem Gründer und Scientific Head des Jungunternehmens Jymmin. Jymmin bedeutet so viel wie „durch Bewegung erzeugte Musik“. Es handelt sich dabei um eine neuartiges Trainingskonzept, dass musikalisch-expressive Leistung mit körperlicher Bewegung spielerisch verbindet. Ein Ansatz mit grossem Potenzial für Sport und Therapie! Im Gespräch gibt Tom uns einen Einblick in seine Forschung und teilt seine Erkenntnisse zur Wirkung von Musik bei körperlicher Anstrengung mit uns.

Die emotional motorische Kontrolle ist ein unerhört unterschätztes System. Durch die Kombination aus musikalischer Leistung und körperlich intensiver Erfahrung kann nicht nur im Sport sondern auch in der Reha unglaubliches erreicht werden.

Prof. Dr. Tom Fritz

Auf der Suche nach den Universalien der Musik

Alles Begann mit einer Forschungsreise. Damals war Tom Fritz auf der Suche nach musikalischen Universalien. Um eindeutige Aussagen darüber treffen zu können, musste er Versuchsteilnehmer finden, die noch nie in irgendeiner Weise mit westlicher Musik in Berührung gekommen waren. In Kamerun stieß er schließlich auf die Mafa – einer Ethnie des Mandaragebirges. Da wollte natürlich erstmal keiner an seinen Experimenten teilnehmen – schliesslich war er ein Fremder. Also nahm Fritz kurz entschlossen erst einmal an ihren musikalischen Ritualen teil. Hierbei musizieren die Einwohner mit speziellen Flöten. Sie zu spielen erfordert grösste körperliche Anstrengung. Eine Art „kontrolliertes Hyperventilieren“, das schliesslich zu tranceartigen euphorischen Zuständen führt.

Dieses Euphorie-Erlebnis während einer körperlichen Anstrengung wollte ich auch den Menschen in unserem Kulturkreis zugänglich machen.

Prof. Dr. Tom Fritz

Zurück in der westlichen Welt machte sich Fritz auf die Suche nach einer Methode, die auch in unseren Kulturkreisen Akzeptanz finden würde und auf das Hyperventilieren verzichtet. Er experimentierte mit Kraftmaschinen und rüstete herkömmliche Trainings- und Therapiegeräte mit einer speziellen Sensorik aus, dass sie bei Benutzung Musik produzieren. Sportler und Patienten haben dadurch die Möglichkeit während des Trainings expressiv zu musizieren. Für sich allein, insbesondere aber auch in der Gruppe. Eine Software-Algorithmus sorgt im Hintergrund dafür, dass es auch bei musikalisch-ungeübten gut klingt und harmoniert.

Die Geburtsstunde von Jymmin

Die ersten Experimente und Entwicklungen machte Tom in seinem Labor am Max Planck Institut in Leipzig. Doch schnell war klar, dass das Verfahren grosses Potenzial hat. Aus der Idee ist mittlerweile ein patentiertes Produkt und das Jungunternehmen Jymmin entstanden. Dank Jymmin werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse konsequent in die Praxis transferiert und in unterschiedlichen Anwendungsgebieten von Sport bis Rehabilitation zum Einsatz gebracht.

Zur Person

Tom ist selbst begeisterter Musiker. Durch seine Arbeit ist Musik mittlerweile auch beruflich zu einem zentralen Element geworden. Viele Erkenntnisse über die Wirkung von Musik gewann Fritz aber auf einem ganz persönlichen Erlebnisniveau, bevor er begann diesen Effekten wissenschaftlich auf die Spur zu kommen. Besonders gern musiziert er für sich selbst. Auf unterschiedlichsten Instrumenten. Weil er dabei wunderbar abschalten kann und dadurch besondere Formen der Lebensfreude entdeckt.

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